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Gründergeschichte

Damals. Studenten auf Jobsuche.

Es war Ende der Siebziger. Mit mir gemeinsam waren einige langhaarige, langjährige Freunde auf Jobsuche. In steter Ermangelung ausreichender Budgets hatten wir, Studenten des Maschinenbaus, des Lehramtes, der Betriebswirtschaftslehre, Sozialarbeit, Politikwissenschaft, Geschichte, bereits reichlich Erfahrung im Bereich Broterwerb gesammelt.

Einige von uns schulten ihr kartografisches Gedächtnis durch nächtliche Kutschierfahrten von Taxigästen im Frankfurter Einbahnstraßennetz. Andere definierten ihre Muskeln durch das wuchten von Paketen bei der Post. Eigentlich konnte jeder von uns auf beträchtliche Erfahrungen in Aushilfsjobs diverser Berufsfelder zurückblicken.

Wieder einmal saßen wir gemeinsam suchend, am Esstisch unserer Wohngemeinschaft, über den Anzeigen eines Frankfurter Tagesblattes. Die Mitarbeitersuche eines privaten Frankfurter Winterdienstunternehmens hatte zwischen uns eine heiße Debatte ausgelöst. Über den geliebten, mit Freizeitaktivitäten verbundenen Schnee Einkünfte zu generieren, war eine sehr reizvolle Idee. Aber wie konnte der Job mit dem Studium in Einklang gebracht werden?

Nach dem Motto, wer nicht wagt, der nicht gewinnt, nahmen wir Kontakt auf. Gut auf das Bewerbungsgespräch vorbereitet schlugen wir vor, in kleinen Teams die Zuständigkeit für eine Tour zu übernehmen. So konnten wir trotz verpflichtender Kurse und Klausuren an der Uni, jederzeit für Winterdiensteinsätze zur Verfügung stehen. Das hieß für uns, jeder im Team musste die gemeinsame Tour in- und auswendig kennen und sollte entsprechend den eigenen zeitlichen Möglichkeiten, für Einsätze eingeteilt werden.

Unsere zukünftigen Arbeitgeber erwiesen sich als freundliche, aufgeschlossene Gesprächspartner. Nachdem wir offensichtlich einen guten Eindruck hinterließen, entwickelte sich unser Ehrgeiz, das entgegengebrachte Vertrauen in der Praxis, also bei den Einsätzen, nicht zu enttäuschen.

Die erste Saison klappte wie am Schnürchen. Die Teamarbeit funktionierte, wie wir uns das vorgestellt hatten. Die Arbeit im Schnee empfanden wir als positiven Ausgleich zu unserer kopflastigen Studierarbeit. In den folgenden Jahren wurden wir gerne wieder für den Winterdienst eingestellt.

War es Optimismus, Tatendrang, dass Gefühl die Welt erobern zu können? Oder die Faszination, die Schnee für mich schon immer hatte? Schon bald wuchs in meiner studentischen Fantasie die Vorstellung heran: Es sollte doch auch in Bad Vilbel, hier wo ich mich seit Beginn meines Studiums heimisch fühlte, möglich sein, eine Firma mit dem Geschäftsfeld SCHNEERÄUMUNG zu gründen.

Drei Freunde aus unserer Gruppe konnte ich von diesem Gedanken begeistern. Wir setzten uns zusammen. Allein der Gedanke, als Student selbstständig zu werden war reizvoll und damals gar nicht üblich. Wir entwickelten einen Plan. Scheitern stand als Option nicht im Raum.

Ob die Frankfurter Geschäftsführer, die verrückte und selbstbewusst vorgetragene Idee von einigen knapp zwanzigjährigen Studenten wirklich ernst nahmen, sie uns eine reale Perspektive eingeräumten, kann ich heute nicht mehr sagen. Vermutlich wurden unsere Ehrlichkeit und Offenheit in Bezug auf unser Vorhaben mit einem Augenzwinkern angenommen, denn wir erhielten viele gute Ratschläge.

Mit vor Stolz roten Ohren gründeten wir zu viert, am 01. Juli 1983 die Straßenreinigungsgesellschaft Bad Vilbel. Aus dem Bestand unserer freundlichen, nun ehemaligen, Arbeitgeber erwarben wir günstig zwei Steyr-Puch Traktoren, die wir in einer kleinen Doppelgarage unterstellten. Mein Schreibtisch im WG-Zimmer diente als Büro. Im Herbst verteilten wir kleine Handzettel in Bad Vilbel und akquirierten 63 Interessenten für die Wintersaison 1983/1984. Unsere ERSTE Winterdienst Tour.

Wir Businessneulinge lernten schnell, die Verantwortung auf der anderen Seite bläst zuweilen scharf ins Gesicht. Froh über jegliche Unterstützung unserer ehemaligen Arbeitgeber, die wir in besonders schwierigen Zeiten erhielten, waren wir ehrgeizig und gaben unsere kleine Vision nicht auf.

Mit der Zeit nabelten wir uns von den Frankfurtern ab. Die stetige Herausforderung der Selbstständigkeit wurde für mich zu einem spannenden Lebensplan und mein Studium rückte in den Hintergrund. Ich beendete es zwar noch, aber ich sah mich bereits perspektivisch nicht mehr als Lehrer im Schulbetrieb, sondern im Aufbau dieses jungen Unternehmens. Zwei Gründerfreunde hatten diese Vorstellung nicht entwickelt. Sie schieden nach erfolgreicher Beendigung ihrer Studiengänge als Gesellschafter aus und nahmen Jobs in der freien Wirtschaft an. Stephan Bachmann blieb noch für einige weitere Jahre stiller Geschäftsführer.

Ich stellte derweil meine Idee von der Selbstständigkeit nicht infrage. Wollte meine ganze Kraft in den Winterdienst investieren und gleichzeitig Studenten eine faire Jobperspektive anbieten. Unsere Mitarbeiter in den ersten Jahren waren hauptsächlich befreundete Kommilitonen. Die Herausforderungen des Winterdienstes schulterten wir als Freunde mit großem Improvisationstalent. Wir konnten uns zu 100 % aufeinander verlassen. Noch heute werden viele Erlebnisse aus dieser Zeit, die im Nachhinein betrachtet eine gewisse Situationskomik nicht entbehrten, gerne aufgewärmt.

Und heute? Fast vier Jahrzehnte später, schaue ich mit einem gewissen Stolz, verbunden und gerne auf diese abenteuerliche Zeit zurück. Damals wurden Weichen gelegt, von denen ich nicht ahnte, wie sehr sie mein Leben bestimmen würden. Und ich habe sehr schnell gelernt, dass man Selbstständigkeit leben muss. Besonders freue ich mich darüber, dass uns nach fast 40 Jahren, Kunden aus dem ersten Winter die Treue halten.

Meine Entscheidung von damals habe ich nicht bereut, wohl oder gerade, weil wir in manchen Wintern über uns hinauswachsen, alles geben mussten. Aber das bringt diese äußerst komplexe, herausfordernde Dienstleistung mit sich. Bei gleichzeitig hoher Verantwortung muss der Betrieb jederzeit auf 150 % hochgefahren werden können und reibungslos funktionieren.

Ich möchte ich mich an dieser Stelle bei allen bedanken, die mit ihrem Einsatz, ihren Gedanken, Ideen, ihrer Zuverlässigkeit und tatkräftigen Unterstützung die positive Entwicklung von BACHMANN + SCHUMACHER ermöglicht haben.


Uwe Schumacher

Bad Vilbel, April 2020